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InDesign: Verschachtelte Absatzformate

Verschachtelte Formate in InDesign

Format-Automat – dank Struktur

Initialen in besonderer Schrift zu erstellen, war früher aufwändig. Verschachtelte Formate erleichtern das Layouten in textlastigen Dokumenten enorm. Dazu kommt seit InDesign CS2 die Funktion «Nächstes Format anwenden».

HÄME ULRICH Zwar soll es immer noch Leute geben, die ohne Absatzformate – in Quark hiessen sie Stilvorlagen – arbeiten. Aus mehreren Gründen ist dies aber bei textlastigen Publikationen absoluter Blödsinn. So ist keine einheitliche Formatierung gewährleistet und Formatänderungen sind extrem aufwändig. Zudem hat der Text keine Struktur, was die Datenmehrfachnutzung mit XML zur Geduldsprobe macht.

Es ist also klar: Absatzformate gehören dazu. Aber nicht nur sie, auch Zeichenformate. Aus diesen beiden kann man dann verschachtelte Formate ableiten. Und als Steigerungsform schliesslich die Funktion Nächstes Format anwenden. Doch schön der Reihe nach.

Absatzformate

Absatzformate formatieren immer ganze Absätze. Es ist somit nicht möglich, einzelne Zeichen/Wörter mit einem anderen Absatzformat zu formatieren, dafür sind die Zeichenformate zuständig.

Absatzformate erstellt man am einfachsten aus einem bestehenden Absatz. Das heisst, man formatiert den Absatz durch und lässt sich daraus ein Absatzformat definieren.

Zum Beispiel das Absatzformat Grundtext. Nehmen Sie einen Absatz mit Text. Wenn es Blindtext ist, sollte er in der gleichen Sprache sein, in der später auch der eigentliche Text ist. Also den lateinischen Blindtext in InDesign ersetzen durch eigenen.

Nun gilt es, diesen Absatz mit den Zeichen und Absatzeinstellungen der Steuerung (kontextsensitives Element am oberen Bildschirmrand mit Zeichen- und Absatzeinstellungen) genau so zu formatieren, wie der Grundtext aussehen soll. Im letzten Publisher (4-05) steht, was wichtig ist, um sauberen Satz zu bekommen. Wir weisen an dieser Stelle nochmals hin auf korrekte Werte unter Abstände und Silbentrennung.

Um jetzt das Absatzformat auf Basis der gemachten Formatierungen zu erstellen, ist es nötig, den Textcursor im entsprechenden Absatz zu haben. Nun muss man in der Steuerung in den Absatzbereich wechseln (Paragrafen-Symbol). Im Palettenmenü ganz rechts – das kleine Dreieck – wählt man Neues Absatzformat. Freaks kennen da die Abkürzung mit einem Doppelklick auf das Paragrafensymbol in der Steuerung.

Es öffnet sich jetzt der Dialog für das neue Format. Wir tragen den Namen Grundtext ein. Basieren soll dieses Format auf nichts – also [Kein Absatzformat].

Das Konzept der Zeichenformate

So, das Absatzformat wäre definiert. Wir wenden es nun auf unseren Text an. Damit der Effekt später besser sichtbar wird, ist es sinnvoll, mehrere Absätze damit zu formatieren. Es geht jetzt weiter mit dem Zeichenformat. Damit Zeichenformate auch wirklich Spass machen, muss man sich hier vom XPress-Denken lösen!

In InDesign definiert man in Zeichenformaten nur Abweichungen zum Absatzformat. Also nur das, was sich gegenüber dem aktuellen Absatzformat ändern soll. Braucht man zum Beispiel eine andere Farbe, kann man Schrift und Schriftgrösse leer lassen. So ist es möglich, das Zeichenformat in verschiedenen Absatzformaten anzuwenden. Man ändert dann mit demselben Zeichenformat die Farbe in Titel, Lead, Zwischentitel und Grundtext.

Das heisst, dass man Zeichenformate in aller Regel auch nicht von bestehenden Formatierungen ableitet. Den Cursor also für die Erstellung neuer Zeichenformate nicht gesetzt haben und im Palettenmenü der Steuerung – achten Sie darauf, in den Zeicheneinstellungen der Steuerung zu sein – Neues Zeichenformat wählen. Wir benennen es mit Rot. Und lassen sämtliche Felder frei, ausser bei Zeichenfarbe, wo wir das definierte Rot auswählen.

Der Clou: Verschachtelte Formate

Nun haben wir das Rüstzeug für verschachtelte Formate und anständige Initialen. Verschachtelte Formate sind nämlich nichts anderes als in Absatzformaten integrierte Zeichenformate.

Unser Beispiel ist für eine Zeitung. Und da schreiben wir die Namen der Ortschaften immer in Rot. Die Ortschaft trennt ein Halbgeviertstrich vom eigentlichen Text.

Um dies zu definieren, editieren wir in das Absatzformat Grundtext. Holen Sie sich die Absatzformat-Palette unter Absatzformate. Mit der rechten Maustaste klicken Sie auf den Grundtext und wählen «Grundtext» bearbeiten. Im Bereich Initialen und verschachtelte Formate klicken Sie auf Neues verschachteltes Format. Nun wählen Sie das Zeichenformat Rot aus. Über wechseln Sie zu bis. Dann lassen Sie die 1 stehen und ganz hinten tragen Sie den Halbgeviertstrich ein. Auf dem Mac ganz einfach mit Alt+Divis, auf dem PC am einfachsten über die Zwischenablage. Also den Halbgeviertstrich aus Text kopieren und im Feld hier einfügen.

Zauberei?

Was haben wir nun definiert? Eigentlich ganz logisch: Der Absatz wird mit dem Format Grundtext formatiert. Aber am Anfang kommt das Zeichenformat Rot. Und dies bis zum ersten Halbgeviertstrich. Erst dann wechselt es ins normale Absatzformat ohne angewendete Zeichenformate.

Hätten wir über statt bis genommen, wäre auch der Halbgeviertstrich noch rot.

Ausbaustufe

Die Funktion ist noch lange nicht am Ende. Sonst wäre es ja nicht InDesign! Total lassen sich in einem Absatzformat vierzig Zeichenformate verschachteln. Bauen wir also weiter. Der Halbgeviertstrich zwischen der Ortschaft und dem Text ist zu mager. Wir wollen ihn im Boldschnitt der gleichen Schrift. Es braucht also ein neues Zeichenformat Bold. Gehen Sie gleich vor wie weiter oben. Also ein neues Zeichenformat auf grüner Wiese erstellen, das heisst in der Definition alle Felder leer lassen. Ausser natürlich Schriftschnitt, da tragen Sie Bold ein.

Nun ändern wir das Absatzformat Grundtext. Unter Initialen und verschachtelte Formate auf Neues verschachteltes Format klicken. Und als Format Bold wählen. Und zwar über 1 Wörter. Damit das Ganze auch funktioniert, müssen wir im oberen, zuerst erstellten verschachtelten Format den Halbgeviertstrich auch mit Wörter ersetzen.

Und so geht es immer weiter. Wichtig noch zu wissen: Soll über eine gewisse Strecke kein Zeichenformat zum Einsatz kommen, so definiert man hierzu einfach auch ein verschachteltes Format. Dies weist dem Text dann einfach [Keine] als Zeichenformat zu.

Initialen in Reinkultur

Im Grunde genommen funktionieren Initialen genau gleich. Man erstellt sich ein Zeichenformat und übernimmt dieses dann im Absatzformat für die Definition der Initiale. Dies macht es möglich, Initialen in anderer Schrift und Farbe zu definieren als der Text, in dem sie vorkommen.

In unserem Beispiel erzeugen wir zuerst rasch ein Absatzformat Grundtext_Initiale. Es kann auf dem normalen Grundtext basieren, sollte aber keine verschachtelten Formate haben. Jetzt brauchts ein Zeichenformat, das die Initiale definiert. Um etwas Auffälliges zu machen, erstellen wir ein Zeichenformat mit der Schrift Zapfino, färben sie Blau und nennen das Zeichenformat Initiale.

Nun bearbeiten wir Grundtext_Initiale. Unter Initialen und verschachtelte Formate geben wir an, dass die Initiale zwei Zeilen hoch sein soll, ein Zeichen breit und eben aus dem Zeichenformat Initiale bestehen soll. Ein Klick auf die Vorschau zeigt, dass wir dem Ende schon sehr nahe sind. Doch typografisch gesehen, sind sich Initiale und Text zu nahe. Kein Problem. Editieren Sie einfach das Zeichenformat Initiale. Und zwar ändern Sie die Laufweite. In unserem Fall war 200 ein guter Wert.

Damit nun die Initialen links optisch auf der Satzkante stehen, empfiehlt es sich, den optischen Randausgleich einzuschalten. Leider kann man diesen in InDesign nicht dem Absatzformat hinterlegen, bloss der Textbox. Eingeschaltet wird dies unter Textabschnitt. Wer sich dafür entscheidet, sollte diese Option einem Objektstil hinterlegen.

Nächstes Format

Sie kennen es: Mit Nächstes Format hinterlegt man dem Absatzformat, welches Absatzformat der nächste Absatz erhalten soll. Nach der Zeilenschaltung wechselt InDesign einfach in das vorgegebene Format. Diese Funktion war in der Praxis oftmals von kleinem Nutzen. Und zwar schlicht und einfach, weil der meiste Text ins Layoutprogramm einfliesst und nicht dort erfasst wird. Und die Funktion Nächstes Format nur dann ging, wenn der Text eben in InDesign erfasst wurde.

Dies ist mit InDesign CS2 anders. Stellen Sie sich vor, Sie müssten alle zwei Tage ein Interview formatieren. Da ist die Formatierung immer das gleiche Spiel: Dem Lead folgt die Frage. Der Frage die Antwort und der Antwort wieder die Frage. Um dies nun zu automatisieren, definiert man das Absatzformat Lead. Diesem hinterlegt man unter Allgemein als Nächstes Format das Absatzformat Frage. Diesem Absatzformat die Antwort. Der Antwort wieder die Frage. Nun ist der Kreislauf geschlossen.

Um die Sache anzuwenden, markiert man den gesamten Text. Und überlegt sich, mit welchem Absatzformat der Text beginnt. In unserem Fall ist es Lead. Jetzt klickt man mit der rechten Maustaste auf das Absatzformat Lead (in der Palette) und wählt «Lead» und dann Nächstes Format anwenden. Schwups, der ganze Text ist formatiert. Wenn man diese Technik nun noch mit verschachtelten Formaten kombiniert, geht die Post ab. So könnte man in den Absatzformaten Frage und Antwort bis und mit dem ersten Doppelpunkt anders formatieren und so die Namen der fragenden und antwortenden Personen hervorheben.

Fazit

Absatz- und Zeichenformate sind Pflicht. Initialen und verschachtelte Formate die Kür dazu. Wer einmal damit gearbeitet hat, macht sich alles zur Pflicht und verzweifelt, wenn er auf Dokumente trifft, die nicht so aufgebaut sind.